Nachsuche Ingrid Schreyer (Bild) Das Buch »Nachsuche« ist aus einer Zusammenarbeit der in Salzburg lebenden Künstlerin Ingrid Schreyer und des Salzburger Autors Bodo Hell entstanden. Thema ist die Almwirtschaft, die beide aus eigener Erfahrung kennen. In diesem Buch zeigen sie ihre Sichtweise auf das Almleben: Wie Landkarten mutet die fleckige Zeichnung der Kühe an, eine Schafherde verschwindet vor dem Hintergrund des sie umgebenden Karstes und der Blick auf einen Ameisenhaufen wird zur detaillierten Beschau der Natur. In gemeinsamer Sprache von Bild und Text gibt Ingrid Schreyer die Szenen vor, und Bodo Hell erzählt die Geschichten weiter. Das Buch»Nachsuche« vereint zwei künstlerische Ansätze: Die Tuschezeichnungen der bildenden Künstlerin Ingrid Schreyer und, auf diese aufbauend, einen dreiteiligen Textzyklus des Schriftstellers Bodo Hell. Im Zentrum beider Positionen steht die Almwirtschaft. In der Summe aus Hochalmen, Lawinenbruch und Fleckvieh drängt allerdings nicht das Naturidyll in den Vordergrund, sondern die Reminiszenz an die Zusammenhänge eines ursprünglichen Lebens- und Arbeitsraumes. Betrachten Ingrid Schreyer und Bodo Hell das Thema zwar vor dem Hintergrund zweier unterschiedlicher Disziplinen, überschneidet sich ihre Herangehensweise dennoch an einem konkreten Punkt: Sowohl die Zeichnungen als auch die Texte basieren auf dem konzentrierten Blick für das (scheinbar unwesentliche) Detail, auf Genauigkeit in Beschreibung und Darstellung des Gesehenen. Eine Qualität, die auch das Almleben widerspiegelt: Eine Schafherde verschwindet vor dem Hintergrund des sie umgebenden Karstes, und erst der geschärfte Blick vermag sie aus dieser Umgebung wieder herauszulösen. So schenken in diesem Buch die Zeichnungen Ingrid Schreyers in Verbindung mit den Texten Bodo Hells dem Kleinteiligen Beachtung, um hierüber das große Ganze zu erfassen. Aus dem Buchwenn die Waldameisen etwa im Buchenwald auf ihren hohen Kegelhäufen über die trockenen Blätter (so solche ihre Bauten bedecken) unterwegs sind, dann kann das bei sonst stiller Umgebung im Forst schon wie ein ständiges leises Bachrauschen ertönen, und es braucht einige Zeit, bis der verdutzte Wanderer die Ursache dieses delikaten Geräusches wird ausfindig machen können · · · »wenn ich diese Kalbin, deren Kreuz offenbar gebrochen ist und die jetzt schon tagelang hier weit herüben zwischen Befalleben und Zunterrinn in derselben flachen Grube liegt, aus der sie unverletzt leicht herauskönnte, wenn ich der also den Gnadenstoß gäbe«, sagt der größte Almbauer des Gebiets, »dann hieße es unten im Tal bei den Genossenschaftern gleich: der bringt unser Vieh um, aber selbst heraufzukommen um nachzuschauen, ob da noch etwas zu machen ist, dazu scheint niemand Zeit zu haben, und es ist ja sowieso zu beobachten, daß ein Rind, das schon so lange, nämlich über eine Woche hinaus durchgehalten hat, ganz zäh den Tod abwehrt und selbst im Ausbluten noch Widerstand zu leisten versucht« · · · in einem dieser düsteren Taleinschnitte der Salzburger Untersbergflanke, aus der auch die mächtigsten Karstquellen austreten, sind zwar seit Menschengedenken keine Schneemassen zu Tal gebraust, und dennoch wurde durch den Bericht über ein dort vor mehr als einer Generation stattgehabtes Vergehen eine andere Lawine, nämlich von späten Selbstoffenbarungen und überraschenden Neumeldungen ins Rollen gebracht, die durch ein Aufsuchen des zuerst bekannt gewordenen Tatorts (zum möglichen besseren Verständnis des Geschehens und zu einer eventuellen Entschärfung der lokalen Besetzung) eo ipso nicht aufgehalten wird, auch nicht mittels allseits versuchter Beschwichtigungs- und Vertuschungsmanöver gestoppt werden kann |
Nachsuche
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Die KünstlerinIngrid Schreyer, geboren 1973 in Bad Aussee, lebt in Salzburg. Studierte an der Kunsthochschule Mozarteum Bildnerische Erziehung und Philosophie/Psychologie/Pädagogik an der Universität Salzburg. Seit 1998 ist sie Assistentin bei Dieter Kleinpeter/Malerei an der Universität Mozarteum. Mehrere Sommer Almwirtschaft und stetiges Interesse an landwirtschaftlichen Prozessen sichern Ingrid Schreyer den direkten Bezug zum Thema ihrer künstlerischen Arbeit. Ausstellungen (Auswahl) 2000 Galerie der Stadt Salzburg, Mirabellgarten
Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl) 2001 Palais Liechtenstein, Feldkirch
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Ingrid Schreyer |
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Der AutorBodo Hell, geboren 1943 in Salzburg, lebt in Wien und am Dachstein. Studierte Orgel am Salzburger Mozarteum und an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien sowie Philosophie, Germanistik und Geschichte an der Universität Wien. Seit den 1970er Jahren publiziert er literarische Arbeiten, für die er zahlreiche Preise erhielt, u. a. Rauriser Literaturpreis des Landes Salzburg (1972), Erich-Fried-Preis (1991), Preis der Literaturhäuser (2003), Hausautor der Therme Vals Schweiz (2004), Bachmann-Telekom-Austria-Preis Klagenfurt (2006). Bodo Hells Arbeitsfelder umfassen Prosa, Radio, Theater, Schrift im öffentlichen Raum, Texte zur bildenden Kunst, Fotos, Film, Musik, Ausstellungen und sommers die Almwirtschaft. Werke (Auswahl) »die Devise lautet«, Erzählung, 1999
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Bodo Hell beim Ziegenmelken |
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PressestimmenBodo Hell, Ingrid Schreyer: Nachsuche Wenn Bodo Hell und die bildende Künstlerin Ingrid Schreyer sich als Hirte und Sennerin im steirischen Almensommer treffen, dann entsteht ein Werk, das sich dem Thema Natur mit größtmöglich erdenklicher Heterogenität annähert: Erste Erwartungen der Betrachtenden an einen vermeintlich klassischen Bildband werden weit übertroffen. So wird Schreyers 12-teilige Tuschezeichnung »Bruchwald« mit Texten über den Kindesmissbrauch in einer Berghöhle und dessen Folgen, über Lawinenbedrohungen, Lawinenverbauten, alte Bahnanlagen und Steinbrüche verbunden. Wissenschaftliche Erläuterungen zur Herbstfärbung des Laubes oder zur Schwarmintelligenz der Ameise alternieren mit detaillierten Beschreibungen einer Bergtour im Salzkammergut. Dazwischen blitzen sarkastische Anspielungen wie selbstverständlich auf und nehmen den Texten den Anschein der Strenge. (…) Ganzen Artikel lesen… Lydia Haider, Buchmagazin Literaturhaus Wien (8. Jänner 2013) ReferenzIm Dezember 2013 war die »Nachsuche« im Rahmen der Schau »Die schönsten Bücher Österreichs, Deutschlands, der Schweiz und der Niederlande 2012« in der Hauptbücherei am Gürtel in Wien ausgestellt zu sehen. Im BuchhandelErhältlich ist das Buch direkt bei Edition Krill sowie im gut sortierten Buchhandel. Buchhändler wenden sich bitte direkt an uns: Kontakt |